Verbotene Lieder und Texte im Nationalsozialismus

 

So schrieb die Rheinische Post:
"7. Offenes Scheunentor“ in Grefrath

Wenn verbotene Kunst die Barbarei überlebt

 

Grefrath · Die Kulturinitiative Grefrath hatte zum „offenen Scheunentor“ eingeladen.

Vorgetragen wurden auf dem Bautenhof Texte und Lieder aus den 1930er Jahren.

Warum Schauspiel und Musik überzeugten.

 

Spräche man von einer unterhaltsamen Veranstaltung, liefe man Gefahr, dem Thema nicht gerecht zu werden. Die Kulturinitiative Grefrath (KinG) hatte am Sonntag im Rahmen der Reihe des „offenen Scheunentores“ auf den Bautenhof eingeladen, um einige der Autoren, Komponisten und Texter vorzustellen, die während der Zeit des Nationalsozialismus in den 1930er Jahren unfassbares Leid erfahren mussten. Ihre Werke wurden verboten, ihre Bücher verbrannt, ihr Leben wurde verfolgt und auch in den Konzentrationslagern genommen. Dass nun die siebte Veranstaltung der Reihe ausgerechnet auf den 9. November fiel, sei eher zufällig, versicherte Werner Balsen von der Initiative: „Wir hatten das Datum, daraus ergab sich das Thema.“

Namen und Werke von 37 fremdsprachigen und 94 deutschsprachigen Autoren sollten durch die Bücherverbrennungen von März bis Oktober 1933 aus dem Gedächtnis der Deutschen gelöscht werden, ihre Bücher sollten für immer verschwinden – so hatte die Initiative im Vorfeld informiert. In der voll besetzten Scheune hörte das Publikum Werke von Kurt Tucholsky, Bertold Brecht und Erich Kästner, Erich Mühsam und Franz Werfel.

 

Die Gedichte und die Prosatexte wurden vom Dortmunder Schauspieler Markus Veith gelesen, den musikalischen Teil gestalteten der Mönchengladbacher Manfred Heinen am Piano und Saxofonist Jan Klare aus Münster. Ihr Gefühl und ihr Gespür für das Thema waren Grund genug, verdienten Applaus zu erhalten.

Furios gestalteten Heinen und Klare die Eröffnung: Das ursprünglich „Galop infernal“ betitelte „Can-Can“ aus Jacques Offenbachs Oper „Orpheus in der Unterwelt“ rauschte durch den Raum, um gleich danach die Geschichte von Onkel Bumba aus Kalumba (damals gesungen von den Comedian Harmonists) zu erzählen. Als dann Markus Veith Tucholsky Prosa so las, als wäre es ein Hörspiel, konnte an diesem Abend nichts mehr schief gehen.

Der Hochzeitsmarsch von Felix Mendelssohn Bartholdy wurde wie die meisten der anderen Stücke jazzig aufbereitet. Denn mit dem angeblichen atonalen Gedudel und zudem Gejaule des Saxofons konnten die Nationalsozialisten gar nichts anfangen – umso mehr Manfred Heinen und Jan Klare. Der Walking Bass bei Brechts und Weills „Lied von der Unzulänglichkeit des menschlichen Strebens“ aus der Dreigroschenoper und dem wie Regentropfen perlendem Solo im „Alabama Song“ aus „Mahagonny“ waren nur zwei Beispiele.