Begrüßungsrede - M.Türk
Begrüßungsrede Demo 25.05.24 Markt Grefrath
Liebe Grefratherinnen und Grefrather, sehr geehrte
Damen und Herren,
mein Name ist Markus Türk, ich bin Vorsitzender der Kulturinitiative Grefrath, kurz KinG e.V. und darf Sie und Euch sehr herzlich begrüßen zu unserer Kundgebung „Grefrath steht auf - für Demokratie und Toleranz, gegen Rechtsextremismus und Ausgrenzung“. Besonders begrüße ich unseren Bürgermeister Stefan Schumeckers, der die Schirmherrschaft für diese Veranstaltung übernommen hat und uns bei der Durchführung unterstützt, hierfür vielen Dank, Stefan! Vielen Dank auch an die Kreispolizeibehörde Viersen, die uns bei der Planung der Veranstaltung unterstützt hat und die Wahrnehmung unserer demokratischen Grundrechte schützt. 30 Vereine, Parteien und kirchliche Organe haben sich als Mitorganisatoren und Unterstützer dieser Kundgebung gemeldet, das zeigt, auf welch breite Basis dieses Anliegen sich in der Grefrather Bürgerschaft stützt, auch hierfür allen Mitveranstaltern und Mitorganisatoren einen großen Dank. Das vor einigen Wochen bekannt gewordene Treffen von AfD-Funktionären mit Mitgliedern der Identitären Bewegung und die dort diskutierte Deportation von Millionen Menschen aus Deutschland hat uns alle schockiert. Es hat bundesweit zu massiven Protesten und Demonstrationen gegen die extreme Rechte und ihre sogenannten „Remigrationspläne“ geführt, und auch wir Grefratherinnen und Grefrather wollen mit dieser Demonstration ein Zeichen setzen, dass wir die menschenverachtenden, rassistischen und rechtsradikalen Ideen dieser „sogenannten“ Patrioten ablehnen und mit aller Entschiedenheit bekämpfen. Deutschland ist ein Einwanderungsland. Die Menschen, die nach Deutschland eingewandert sind, hier eine neue Heimat gefunden haben, hier arbeiten, Steuern zahlen und in die Rentenkassen einzahlen, bereichern unsere Kultur, haben unser Leben bunter und vielfältiger gemacht und sind hier schlicht unentbehrlich und nicht mehr wegzudenken. Ein Deutschland ohne unsere Bürgerinnen und Bürger mit Migrationshintergrund ist eine furchtbare und trostlose Vorstellung. Darüber hinaus ist die deutsche Wirtschaft in großem Maße abhängig von Zuwanderung, denn in allen Branchen mangelt es zu Teil extrem an Arbeits- und Fachkräften. Die Tatsache, dass wir zu den 10 Prozent der Weltbevölkerung gehören, die ein Dach über dem Kopf, genug zu Essen und Zugang zu sauberem Trinkwasser haben, sollte uns dankbar und demütig machen, denn der Wohlstand, der bei uns über allem Anderen steht und den wir mit allen Mitteln verteidigen, gründet sich nicht allein auf der harten Arbeit und dem Fleiß unserer Eltern und Großeltern. Er ist auch dem Einsatz der sogenannten Gastarbeiterinnen und Gastarbeiter geschuldet, die in den fünfziger und sechziger Jahren des letzten Jahrhunderts das Wirtschaftswunder mitschufen, er resultiert auch aus einem Jahrhunderte langen, brutalen Kolonialismus und wird neben anderem aufrecht erhalten durch Kinderarbeit im Kongo, durch die Ausbeutung von Fabrikarbeiterinnen und -arbeiter in Bangladesch und durch den rücksichtslosen, zerstörerischen Raubbau an der Natur, der vor allem zu Lasten des globalen Südens geht. Den Menschen, die gezwungen sind, ihre Heimat, ihr Zuhause zu verlassen und unter Lebensgefahr zu fliehen vor Krieg und Gewalt, Verfolgung, Hunger und Naturkatastrophen, diesen Menschen begegnen viele von uns nicht mit Empathie und Verständnis, sondern mit Arroganz, Herablassung, Abweisung und Ausgrenzung, geradeso, als sei ein Leben in Wohlstand, Würde, Frieden und Gesundheit ein Privileg, das nur für uns Deutsche und Europäer gilt. Das Leben in Freiheit, Frieden und Gesundheit ist ein Recht, das jedem Menschen auf der Welt zusteht, und für dieses Menschenrecht müssen wir uns bedingungslos einsetzen und engagieren. Parolen wie „Deutschland den Deutschen“, und „Unser Land zuerst“, klingen für mich falsch und obszön, sie sind illusorische und realitätsferne Lösungsansätze auf komplexe globale Problematiken, die immer eine menschenverachtende Politik bedingen. Leider ist die Absicht des Faschisten Björn Höcke und seiner rechtsextremen AfD, 20 bis 25 Prozent der deutschen Gesamtbevölkerung, egal ob mit deutscher oder ohne deutsche Staatsangehörigkeit, aus Deutschland zu deportieren, keine abstrakte Horrorvision für die Zukunft, nein, der Rechtsextremismus und -terrorismus ist schon lange Realität in Deutschland, wie die Morde des NSU, die Ermordung des Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke, der Mordanschlag auf neun Mitbürger in Hanau und andere rechtsterroristische Verbrechen gezeigt haben. Gegenwärtig finden mehrere Prozesse gegen eine Gruppe von Reichsbürgern statt, die konkret einen Putsch und den Umsturz der deutschen Regierung mit Waffengewalt und gezielten Morden geplant hat und kurz vor der Umsetzung dieses Planes stand. Deutschlands Opferberatungsstellen haben für 2023 eine deutliche Zunahme rechter, rassistischer und antisemitisch motivierter Gewalt verzeichnet – um 20 Prozent! Zu dieser Verrohung trage insbesondere die AfD bei, deren Mitglieder auf allen Ebenen durch Gewalt auffallen –auch Landtags- und Bundestagsabgeordnete. Die Zahl rechtsradikaler Straftaten, die 2023 einen neuen Höchstsand erreicht hat, ist das Resultat der rechten Hetze und des Populismus der AfD und anderer rechtsradikaler und identitärer Kräfte, die eine Atmosphäre der Verunsicherung, der Angst und des Hasses in unserem Land schüren, unsere Gesellschaft zu spalten versuchen, unsere Demokratie untergraben und Menschen verleumden und ausgrenzen, die nicht in ihr völkisches Weltbild passen. Laut Recherchen des Bayerischen Rundfunks sind mindestens 100 der 500 Mitarbeiter der AfD – Fraktion im deutschen Bundestag als gesichert rechtsextrem eingestuft, aus Steuermitteln bezahlte Rechtsradikale, die im Machtzentrum unseres Landes agieren, Zugang zu Geheiminformationen und politischen Ausschüssen haben und diesen Zugang für ihre faschistoide Agenda zu nutzen wissen. AfD - Parteifunktionäre wie der EU – Spitzenkandidat Maximilian Krah, der gerade öffentlich seine Sympathie für die SS bekundet hat, und der zweite Spitzenkandidat Petr Bystron, dessen Immunität als Abgeordneter wegen staatsanwaltlicher Ermittlungen aufgehoben wurde, pflegen enge Kontakte zu russischen und chinesischen Geheimdiensten und stehen unter Verdacht, geheimdienstliche Informationen gegen Bezahlung weitergegeben zu haben, was eine konkrete Bedrohung für die Sicherheit Deutschlands und somit Landesverrat bedeutet. Soviel zum angeblichen Patriotismus und der Vaterlandsliebe dieser Figuren. In jüngster Zeit gab es eine weitere Eskalation durch zahlreiche Fälle von rechtsradikalen tätlichen Angriffen auf Politiker und Wahlhelfer, die Plakate aufhängen und Wahlwerbung für demokratische Parteien machen. All dies zeigt, wie konkret die Bedrohung durch die AfD und den Rechtsextremismus in Deutschland ist, und wie dringend notwendig unser Widerstand und unser Kampf gegen die Faschisten, Neonazis und die selbsternannten Patrioten von der AfD ist. Wir müssen die Ängste in der Bevölkerung vor Migration und Überfremdung ernst nehmen und Antworten dafür finden, aber wir müssen auch sehr deutlich machen, dass die Rechten und Faschisten keine wirklichen Lösungen für die brennenden Probleme der Welt anbieten, und dass es ihnen mit ihren populistischen und hetzerischen Parolen nicht um die Interessen der Bevölkerung, sondern allein um Machtgewinn und die Zerstörung des gesellschaftlichen Konsens und unseres friedlichen Zusammenlebens geht. Wir dürfen nicht mehr schweigen, wir müssen jetzt Zivilcourage zeigen, wir müssen aufstehen, nicht nur bei dieser Demo, sondern jeden Tag, am Stammtisch, an der Fleischtheke und am Marktstand, in der Schule und am Arbeitsplatz, beim Training im Sportverein. Wir, die breite Mitte unserer Gesellschaft, wir müssen Haltung zeigen, wenn rechte Parolen laut werden, wenn der Nachbar gegen die Geflüchteten hetzt, die uns angeblich die Arbeitsplätze wegnehmen und unseren Wohlstand bedrohen, wenn unsere Demokratie angegriffen und unser gesellschaftlicher Konsens in Frage gestellt wird. Wir müssen uns der braunen Meinungsmache entgegenstemmen, in jeder Diskussion, bei jedem Gespräch, auch bei Hassparolen und Hetze im Internet. Wir müssen dem Hass und dem Schüren der Angst ein positives Bild entgegensetzen von einem Deutschland und Europa, in dem wir gemeinsam in Frieden, Freiheit und kultureller Vielfalt leben, von einem Land, in dem es keinen Platz gibt für Ausgrenzung und Hass, damit wir unseren Kindern ein lebenswertes Land, eine lebenswerte Welt hinterlassen. Am 9. Juni findet die Wahl für das Europäische Parlament statt. Ich fordere Sie auf, machen Sie von Ihrem demokratischen Recht Gebrauch und gehen Sie zur Wahl. Wir können durchaus mit der Politik der Ampel -Regierung nicht einverstanden sein, wir können die Politik der EU für falsch halten, wir können auch die Migrationspolitik kritisieren und unsere diesbezüglichen Ängste zum Ausdruck bringen, aber wenn wir aus Protest Parteien, die sich als Alternative präsentieren, wählen, ohne uns mit deren Programmen und ihren Inhalten und Zielen auseinanderzusetzen, kann es schnell passieren, dass wir bald keine Wahl mehr haben, weil genau diese aus Protest gewählten Parteien unsere Demokratie stürzen wollen. Wir sind Grefrath und wir sind mehr! Grefrath steht auf - für Demokratie und für Toleranz, für die Werte, die unser Land stark gemacht haben, wir stehen auf gegen Rechtsextremismus und Ausgrenzung, gegen Hass, Hetze und Lügen.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.